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ProjectSystem12 Offline

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08.10.2008 09:51
McCain bezeichnet Obama als "that one" Antworten

Zwei Wörter könnten John McCains Ende sein

Irgendwann hat John McCain beschlossen, Barack Obama zu hassen und zu verachten, statt nur gegen ihn zu kandidieren. Beim zweiten TV-Duell in Nashville kam diese Einstellung in einem Moment ganz klar zum Vorschein. McCain sagte zwei Wörter, die ihn den Kampf ums Weiße Haus kosten könnten.

Bei Fernsehdebatten ist es extrem wichtig, was man von den neunzig Minuten in Erinnerung behält. Nach der ersten Debatte vor zwei Wochen in Mississippi blieb McCains sarkastisches Seufzen und herablassendes Lächeln gegenüber Obama in Erinnerung. Unmittelbar danach zog dieser in den Umfragen davon, in denen er bis dahin Kopf an Kopf mit McCain gelegen hatte. Auch die positiven Umfragewerte McCains unter parteiungebundenen Wählern stürzten von über 50 auf knapp über 30 Prozent ab. Dann kam die Wall-Street-Krise. Gestern stand es für Obama gegen McCain in der Gallup-Umfrage 51 zu 42 Prozent. In der Nacht folgte dann die zweite Kandidatendebatte, in Nashville (Tennessee). Und in Erinnerung blieb von ihr zuvorderst ein kurzer Satz von John McCain.

Es war die 48. Minute, und die Kandidaten sollten die Frage beantworten, ob man für alternative Energien lieber ein Staatsprogramm wie die Atombomben-Entwicklung auflegen oder hunderttausend kleine Garagenfirmen forschen und schaffen lassen solle. McCain sagte, eine Anschub-Initiative der Regierung sei sicher nötig, aber dann solle die Wirtschaft das Ruder übernehmen. Dann stach ihn der Hafer. Er wollte Obama eins auswischen.

Unvermittelt fuhr er fort: „Übrigens, meine Freunde, ich weiß zwar, dass Sie den Kleinstreit hier“ (zwischen Obama und ihm) „leid sind, aber es gab da eine Energie-Gesetzesvorlage im Parlament, vollgeladen mit kleinen Leckerchen, mit Milliardensummen für die Ölkonzerne, und gesponsert haben das Bush und Cheney.“ Und wohlgemerkt: McCain sagte nicht „Präsident Bush“. Seine Stimme bekam einen raunenden, zuflüsternden Unterton. „Und wissen Sie, wer dafür gestimmt hat? Falls Sie es bisher nicht wussten – der da!“ „That one“. Vor seinem Bauch wies er mit dem Zeigefinger auf Obama, ohne ihn anzublicken.

Obama musterte McCain unverwandt, und seine Lider fingen an zu klimpern. Ein sicheres Zeichen für aufsteigende Wut.„Der da“ klingt in den USA so, als sage Angela Merkel im Duell mit Frank-Walter Steinmeier: „Der Typ da.“ Mit Zeigefinger wirkt das noch unverfrorener. Allerdings kann der Begriff "that one" auch als rassistische Bemerkung gewertet werden - als "das da" oder "der da", bezogen auf den Negersklaven, den man sich bei der Beschau ausgesucht hat, ihn zu kaufen. In jedem Fall ist die Titulierung "that one" unterste Schublade!

In der amerikanischen Politik gelten eherne Höflichkeitsregeln. Parlamentarier reden sich nicht mit „Kollege“ an, sondern stets mit „Der Herr aus...“ oder „Die Dame aus...“ und nennen den Bundesstaat. Beleidigende Zwischenrufe in einer Debatte sind tabu. Deutsche Zwischenruf-Legenden wie „Übelkrähe“ oder gar „Mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch“ wären das sichere Ende einer amerikanischen Karriere.

McCains Einwurf war ein Protokollbruch. Es war ein Satz am Rand der willentlichen Beleidigung. Nach der Debatte beeilten sich Republikaner zu sagen, McCain habe das im scherzhaften Ton gesagt. Aber oh nein, scherzhaft war das ganz und gar nicht. Es war genauso gemeint, wie er es gesagt hatte.

Der Satz, der Tonfall und der fast verächtliche Zeigefinger passten zu einer Woche, in der John McCain beschlossen hatte, nur noch harte Angriffe könnten seine Kandidatur retten. Der Auftritt passte zu einer Woche, in der McCains Teampartnerin Sarah Palin Obama den Umgang mit Terroristen vorwarf, und in der McCains Ehefrau Cindy nur Stunden vor der Debatte konstatierte: „Barack Obama fährt die schmutzigste Wahlkampagne der amerikanischen Geschichte.“ Sie hatte das auf Obamas Vorwurf bezogen, McCain sei Ende der achtziger Jahre in einen Korruptionsskandal verwickelt gewesen.

Es gab zwei weitere Momente, in denen McCain merkwürdig aussah. Der erste war ein Satz auf die Frage nach Lösungen für die Wirtschaftskrise. „Wissen Sie, das Streichholz, das das ganze Feuer entzündet hat, das waren Fannie Mae und Freddie Mac. Ich könnte wetten, Sie haben vor dieser Krise noch nie von ihnen gehört.“

Die beiden Firmen mit den komischen Namen waren bis vor zwei Wochen im Kleinverdiener- und Mittelklasse-Amerika so bekannt wie bunte Hunde. Sie waren die Hauptanlaufstelle für Hausdarlehen, und so bekannt wie in Deutschland die Sparkassen. TV-Spots der Firmen waren häufig zu sehen, es waren übrigens gute TV-Spots, die man in Erinnerung behält. Die eine Firma war 80 Jahre alt, die andere 38 Jahre, als die US-Regierung ihre Schulden übernahm. Zu sagen, man habe bis zur Krise die Firmen gekannt, verriet eine Abgehobenheit bis zur Stratosphäre. Der Satz über Fannie Mae und Freddie Mac klang so, als kümmere McCain sich nur um den Irak.

Der andere merkwürdige Moment passte zu dem Eindruck. Er war McCains Antwort auf die Frage an beide Kandidaten, ob sie dem Parlament eine konkrete Frist zur Reform der Sozialversicherung setzen würden. Obama sagte: In meiner ersten Amtszeit muss das über die Bühne.

McCains Antwort auf die Nachfrage – „Zwei Jahre, Herr Senator?“ – lautete so: „Sicher. Hey, ich beantworte die Frage. Die Reform der Sozialversicherung ist kein Riesenproblem. Wir wissen, was die Probleme sind, meine Freunde, und wir kennen die Lösungen. Wir müssen uns alle an einen Tisch setzen. Wir haben das immer gekonnt. Ich habe erlebt, wie das – wie das unser wunderbarer Ronald Reagan getan hat, davon... – davon brauchen wir mehr, und das habe ich in Washington gemacht.“

Während er die Leerformel von sich gab, nahm McCain den schwarzen Filzstift in die Hand, drehte ihn, legte ihn wieder hin, und fixierte mit eigentümlich leerem Blick den Moderator statt wie sonst das Publikum. Es war spürbar: McCain hatte keine Antwort bereit.

Wie sollte er auch – die Reform der Sozialversicherung ist das umstrittenste Thema innerhalb der Republikaner. Bush hatte sie 2005 aufs Tapet gehoben, und weckte damit einen derart intensiven Streit der Parteiflügel um den Kernpunkt „Privatisieren oder nicht?“, dass er die Reform wieder fallen ließ. Es war das Ende seiner innenpolitischen Agenda überhaupt. Danach gelang Bush innenpolitisch fast nichts mehr.

So sehr man sich auch bemüht, um der Ausgewogenheit willen einen ähnlich schwachen Moment Obamas zu erinnern – es gab keinen. Obama wirkte belehrend, dozierend, hatte hochgezogene Augenbrauen, ein hochgerecktes Kinn, wirkte dann und wann sogar fast arrogant – aber er hatte in klarer Diktion eine klare Ansage parat, und er attackierte McCain nicht persönlich. Einmal wurde er lauter als sonst. Das war die Antwort auf den Vorwurf McCains, Obama kündige leichtfertig einen Krieg gegen Pakistan an, um Osama Bin Ladens habhaft zu werden. Da wurde Obama ungehalten. „Senator McCain stellt es hier so dar, als sei ich naiv und grün hinter den Ohren, während er mit gemessenem Ernst und Verantwortungsbewusstsein auftrete.“ (Einwurf McCain: „Danke sehr!“) „Wissen Sie“, fuhr Obama fort und wurde laut, „das ist der Mann, der gesungen hat ,Bomb bomb bomb Iran‘! Der die Auslöschung Nordkoreas gefordert hat!“ Dann hatte er sich wieder gefangen, und senkte den Tonpegel.

Der Vorwurf veranlasste John McCain zu der Replik, sein „Bomb bomb Iran“ sei akustisches Augenzwinkern zu einem alten Freund im Publikum einer Kundgebung gewesen. Das stimmte zwar tatsächlich, es war ein Auftritt in South Carolina im Frühjahr 2007. Der Freund hatte ihn gefragt, ob man Iran angreifen müsse, McCain hatte nach der Beach Boys-Melodie „Barbara Ann“ „Bomb bomb Iran“ gesummt, „So ungefähr?“ hinzugefügt, und dann vor leichtfertigen Militärschlägen gewarnt. Aber heute Nacht spielte das keine Rolle, denn wer von den heutigen Wählern war damals im Frühjahr 2007 auf der Kundgebung in South Carolina schon dabei.

Obama schaute also zufrieden zu, wie McCain gewunden den Scherz zu erläutern versuchte, und um seine Lippen spielte die Andeutung eines sardonischen Lächelns. Es war das Höchstmaß an Antipathie, das Obama zu zeigen bereit war.

Nach dem Duell gingen das Ehepaar McCain und das Ehepaar Obama an den Sitzreihen der Zuschauer entlang, um Hände zu schütteln. Nach fünf Minuten ergab es sich, dass beide McCains mit Michelle Obama zusammentrafen; Barack Obama war am anderen Ende des Halbrunds beschäftigt. John McCain begrüßte Michelle. Cindy McCain hielt sich so weit abseits, dass Michelle Obama sich für einen Handschlag zu ihr hätte umdrehen müssen. Sie wandte sich aber lieber wieder den Zuschauern zu. Cindy McCain ging grußlos weiter.

John und Cindy McCain verließen kurz darauf das Auditorium, knappe drei Minuten nach Debattenschluss. Barack und Michelle Obama blieben und blieben, schüttelten allen Zuschauern die Hand, vertieften sich in Gespräche, nach sechzehn Minuten gab es mit allen Zuschauern ein Gruppenfoto. Danach redeten beide Obamas weiter mit ihnen.

Es war ein symbolhaftes Ende. Das Ehepaar Obama blieb, das Ehepaar McCain trat von der Bühne ab.

Wie gesagt, McCain's dumme Bemerkung "that one" koennte ihm wahlkampftechnisch das Genick gebrochen haben - hoffen wir's, denn eine Person, die nicht einmal den notwendigen Grundrespekt gegenueber seinem Kontrahenten zeigt, hat auf der politischen Buehne NICHTS zu suchen!

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