Der Löwen-Manager in Rage: „Kein Wille, keine Leidenschaft ­ Einstellung wie in einem Freundschaftsspiel”.

Marco Kurz stellte sich am Tag danach nicht viel geschickter an als seine Mannschaft beim auch in dieser Höhe verdienten 0:3 (0:2) gegen Freiburg. Während Assistent Gorenzel-Simonitsch auf dem Trainingsgelände ein Spielchen der B-Löwen beaufsichtigte, hielt sich der Chefcoach am Rande auf und nutzte die ins Aus fliegenden Bälle, um seinen Frust abzureagieren: Fernschuss aufs leere Tor - drüber. Schlenzer aus spitzem Winkel - vorbei. Schließlich noch ein Versuch aus sehr weiter Entfernung - Pfosten. Mangelnde Entschlossenheit, die er seiner Elf nach dem elften sieglosen Heimspiel der Saison vorgeworfen hatte, konnte man Kurz wahrlich nicht nachsagen, doch auch für den Chef galt: keine Durchschlagskraft. Er wirkte insgesamt deprimiert, in sich gekehrt, ratlos. Anders der Chef des Cheftrainers. Sportchef Stefan Reuter nutzte den Samstag noch, um sich zu sammeln - gestern dafür entlud sich sein Frust umso heftiger. Nicht in Form von wildem Gebolze auf dem Platz, sondern mit Wortsalven vor versammelter Journalistenschar, wie man sie vom sonst so besonnenen Weltmeister noch nie gehört hatte. Für Reuters Verhältnisse war das, was er zur Mittagszeit im stickigen Mediencontainer von sich gab, eine (Wut-)Rede von fast schon trapattonischem Ausmaß.„Wir haben einen anderen Anspruch", polterte Reuter. Die Spiel des Teams sei „alles ganz nett und ordentlich bis zum gegnerischen Strafraum, aber wir müssen einen klaren Willen zeigen". Einige im Team hätten die Freiburg-Partie „ein bisschen zu sehr als Freundschaftsspiel gesehen", anstatt sich „gegen die Niederlage zu stemmen". Welche Spieler er von seiner Kritik ausnehme, wurde er gefragt. Antwort: „Nicht sehr viele." Vor allem nach dem 0:2 kurz vor der Pause habe er „kein Aufbäumen mehr" gespürt. Reuters Gesamturteil: „Das war zu wenig."Einmal in Fahrt, machte sich der Manager auch gleich zum Anwalt der erneut verprellten Fans: „Da kommen nach einer schwierigen Phase über 30 000 ins Stadion - und dann so etwas." Ein Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. Reuter predigte: „Löwe zu sein, heißt: Leidenschaft und Kampf zu zeigen." Schließlich könne es nicht der Anspruch sein, „die Saison als Letzter der Rückrundentabelle zu beenden".Genau das droht nun aber. Liga-Schlusslicht Paderborn, der morgige Gegner, hat 2008 vier Punkte mehr gesammelt. Reuter: „Wir brauchen nicht zu glauben, dass wir mit der Einstellung vom Freitag gegen Paderborn, Osnabrück oder Aue etwas erreichen. Die stehen alle unten drin und haben noch Hoffnung." Und die Löwen? Die haben jetzt immerhin einen, der den Niedergang nicht mehr so hinnimmt oder schönredet. Reuters Entschlossenheit - zur Nachahmung empfohlen.
Uli Kellner (Münchner Merkur)