Auch in diesen turbulenten Zeiten gibt es beim TSV 1860 noch kleine, nette Gesten. Zum Beispiel von Stefan Reuter, der überraschend in die Pressekonferenz vor dem Saisonfinale in Aue platzte und Trainer Marco Kurz (seit Freitag 39) eine Geburtstagstorte überreichte. Eine schöne Aktion war das vom inzwischen alleinigen Geschäftsführer, aber leider nicht geeignet, um das Thema des Tages in den Hintergrund zu drängen: Natürlich waren das die Attacken von Bayern-Manager Uli Hoeneß.

Ein Gespann um den künftigen BayWa-Chef
Klaus Josef Lutz will den Löwen helfen


Die Fragen nach den Angriffen des Arena-Vermieters kamen schnell, doch Reuter, der Ex-Bayer, war gewappnet. Er konterte gelassen ­ und durchaus mit Hintersinn. „Wenn der Stadionvertrag kein Tabuthema mehr ist, können wir gerne über eine Lösung sprechen", merkte er an. Und noch eine Spitze mit Bezug auf das Reizthema Arena-Atmosphäre, das Hoeneß schon einmal auf die Palme brachte („Bei 1860 ist gar nichts toll!"). Vielleicht, so Reuter, wolle „der Uli" etwas gegen „die gute Stimmung bei unseren Heimspielen unternehmen". Auch Präsident Albrecht von Linde bekam von Hoeneß sein Fett weg. Was auffällt: Die Anti-von-Linde-Kampagne läuft auf Hochtouren, seit Finanzchef Stefan Ziffzer vor die Tür gesetzt und mit Hausverbot belegt wurde. Seine orakelhafte Andeutung, dass auf den Präsidenten ungemütliche Zeiten zukommen könnten („Warten wir mal die nächsten Tage ab"), bewahrheitet sich mit dramaturgischer Zuspitzung. Dienstag: Ziffzers theatralischer Abgang, am Abend zuvor vom Pressesprecher annonciert („Es lohnt sich zu kommen"). Mittwoch: das Ultimatum von Hauptsponsor Trenkwalder, der Ziffzer als „Vertrauensperson" sah ­ 14 bis Montag zu beantwortende Fragen. Donnerstag: der polternde Auftritt von Hoeneß im DSF, dem früheren Arbeitgeber Ziffzers. Alles nur Zufall? „Das ist klar gesteuert", glaubt jemand aus dem nahen Umfeld. „Eine leicht nachvollziehbare Kausalkette." Zufälligerweise taucht jetzt auch jener Mann auf der Bildfläche auf, den Ziffzer gerne als Präsident gesehen hätte: Klaus Josef Lutz, Sanierer des SZ-Verlages und ab Juli Chef des Agrarverbandes BayWa. Die tz berichtet von einem „Geheimtreffen" am Donnerstagabend. Die Teilnehmer: Lutz, Immobilienunternehmer Josef Kastenberger (JK Wohnbau) und Frank Fleschenberg vom Charity-Golfklub Eagles. Das einflussreiche Gespann will dem Verein „helfen", wie Lutz bestätigt. „Ich glaube, dass man bei 1860 Türen aufsperren muss", wird der Topmanager zitiert. „Türen in die Wirtschaft. Nur durch Seriosität und Ruhe lassen sich Investoren überzeugen. Und nur mit Investoren kann 1860 überleben. Unser Engagement wäre für die Löwen sehr lukrativ." Voraussetzung für das Trio wäre jedoch ein Wechsel an der Spitze. Mit von Linde, macht Lutz deutlich, lassen sich „keine Türen öffnen". 1860 brauche „ein vernünftiges Präsidium und eine entsprechende Besetzung im Aufsichtsrat. So, wie es derzeit läuft, geht es nicht." Er macht dem Verein seines Herzens Hoffnung: „Ich sehe ein hohes Potenzial bei 1860. Das ist eine Marke, aus der man was machen kann." Wenn die Marke nicht weiter beschädigt wird. Noch-Präsident von Linde traf sich am Freitag mit Trenkwalder zu einem klärenden Gespräch (Ergebnis noch offen). Und nachdem Hoeneß mit einem 1860-kritischen Interview nachgelegt hatte (s.o.), legte auch Reuter noch mal nach. Mitte der Woche habe er vernünftig mit seinem Kollegen telefoniert, daher sei er nun „überrascht von der Wucht" der Tiraden. Er verbittet sich künftig „jede Einmischung". Ach ja: Fußball gespielt wird auch noch. Am Sonntag in Aue ­ ohne die Bender-Zwillinge und Timo Gebhart, die für die U 19-EM-Qualifikation geschont werden. Noch eine nette Geste.
Uli Kellner (Münchner Merkur)